Landesgericht St. Pölten

Die goldene Maske

 

Städtebaulich schließt der neue Zubau die bestehende Lücke zwischen dem historischen Gerichtsgebäude und der angrenzenden Justizanstalt. Er ergänzt den denkmalgeschützten Bestand auf kohärente Weise durch eine zeitgenössische Architektur, die sich einerseits als eigenständiger Solitär behauptet, andererseits den historischen Kontext respektiert und zwischen alt und neu vermittelt. Die drei Geschosse des Altbaus werden barrierefrei mit dem neuen, fünfgeschossigen Baukörper verbunden, dessen Traufhöhe aufgenommen wird. In diesem Neubau entstehen vorwiegend Büroräume für das Oberlandesgericht, die Staatsanwaltschaft und das Bezirksgericht. Der Vorplatz des Bestandsgebäudes wird zu einem attraktiven, urbanen Freiraum mit hoher Aufenthaltsqualität und integrierter Tiefgarage aufgewertet.

Platzierung

1. Preis Wettbewerb 2007

Lage

St. Pölten, Österreich

Bauherr

BIG

Größe

2633 m² BGF

Status

Fertiggestellt 2011

ARGE-Partner

Vasko+Partner, Erhard An-He Kinzelbach/KNOWSPACE

Das architektonische Konzept

Das Entwurfskonzept gliedert das Raumprogramm des Erweiterungsbaus in dienende und bediente Bereiche. Daraus ergeben sich zwei separate Baukörper: Der Hauptbaukörper nimmt ausschließlich Büroräume und die Amtsbibliothek auf, während der dienende Baukörper Treppenhaus, Aufzug, WCs und Serverräume beherbergt. Diese funktionale Trennung ermöglicht eine höhere Flexibilität im Inneren des Hauptbaukörpers. Gleichzeitig übernimmt der Nebenbaukörper eine zentrale Rolle in der barrierefreien Anbindung an den Altbau und in der architektonischen Vermittlung zwischen Bestand und Neubau.

Fassade als Maske

Im Spannungsfeld zwischen Alt und Neu kommt der Fassade eine zentrale Rolle als Schnittstelle zwischen Innen und Außen, zwischen Gebäude und Stadtraum zu. Sie vermittelt zwischen den Gegensätzen von Tabula Rasa und kontextueller Einbindung, von Monolithischem und Differenziertem, von Singularität und Pluralität. Diese Ambivalenzen löst die Fassade durch eine Symbiose aus perforierter und horizontal strukturierter Oberfläche auf: Sie nivelliert die Diskrepanz der Geschosszahlen beider Baukörper und reguliert den Maßstab des flächenmaximierten Neubaus. Eingehüllt in TECU-Gold folgt sie einer horizontalen Bandstruktur, die aus der Überlagerung von Fugen des Altbaus und den neuen Geschossteilungen entsteht. Durch gezielt gestreute, auf zwei Formate reduzierte Öffnungen wird sie zusätzlich perforiert. Der Neubau erhält so eine »Maske«, die einerseits auf den Bestand referenziert und andererseits größtmögliche Offenheit für die innere Organisation bewahrt.

»Der natürliche Glanz des Materials verleiht dem Gebäude einen angenehmen, warmen Charakter, der sich mit dem tages- und jahreszeitlichen Wechsel der Lichtverhältnisse kontinuierlich wandelt – und so das Gebäude buchstäblich zum Leben erweckt.«

Zeitgemäße Artikulation

Insgesamt nimmt das neue Gebäude die Eigenschaften des historischen auf, ohne jedoch auf eine eigenständige, unverwechselbare und zeitgemäße Artikulation zu verzichten. Durch den dem Material eigenen Glanz erhält das Gebäude einen angenehmen und warmen Charakter, der sich im tagesrhythmischen und auch im jahreszeitlichen Wechsel der Lichtverhältnisse kontinuierlich verändert und so das Gebäude buchstäblich zum Leben erweckt.